2-Säulen-Modell

Die Lebenshilfe hat gemeinsam mit ExpertInnen einen ersten Vorschlag ausgearbeitet, wie die Einkommenssituation von Menschen mit Lernschwierigkeiten verändert werden soll.

Menschen mit Behinderungen wollen ein möglichst selbstbestimmtes Leben führen und gleichberechtigt an der Gesellschaft teilhaben.
Das gilt besonders auch für die Arbeitswelt. Derzeit arbeiten viele Menschen mit intellektuellen Behinderungen in Werkstätten von Behinderteneinrichtungen.
Sie bekommen dafür nur ein Taschengeld.
Nur wenige finden passende Arbeitsplätze in der Wirtschaft.
Zusätzlich bekommen sie zur Unterstützung Geld von verschiedenen Stellen: z.B. Behindertenhilfe, Familienbeihilfe, Pflegegeld, Mindestsicherung,Waisenpension.
Sie müssen langwierige und schwer verständliche Anträge an verschiedenen Stellen einreichen und sich immer wieder begutachten lassen, damit sie das Geld für ihre Unterstützungsleistungen bekommen.

Die Lebenshilfe möchte all dies ändern und schlägt ein sogenanntes 2-Säulen-Modell vor.
Menschen mit Behinderungen sollen sowohl Geld für ihre Arbeit bekommen, als auch Geld für die notwendige Unterstützung zur Verfügung haben.

 

Das 2-Säulen-Modell der Lebenshilfe

Säule 1: Existenzsicherung

 

Was brauche ich zum Leben?“

Für ein gutes Leben brauche ich Geld zum Wohnen, zum Essen, für Kleidung, usw.
Dieses Geld möchte
ich als eigenen Lohn für meine Arbeit selbst verdienen.
In einer Werkstatt oder bei einer Firma. Wenn mir dies gar nicht möglich ist, soll ich mit einer Grundsicherung abgesichert sein.
Ich möchte selbst
bestimmen, für was und bei wem ich mein Geld ausgebe.
Das ist die erste Säule des Modells.
Sie nennt sich „Existenzsicherung“
.

 

Zur eigenständigen Absicherung des Lebensunterhaltes gibt es einen angemessenen Werkstatt-Lohn oder ein Gehalt am Arbeitsmarkt mit Urlaubs-und Weihnachtsgeld.
Die Person hat Anspruch auf eine eigene Pension, auf Arbeitslosenversicherung, auf bezahlten Urlaub und auf Krankenstand.
Jeder Mensch mit Behinderung gilt von vornherein grundsätzlich als arbeitsfähig.
Nur wenn jegliche Arbeitsanstrengung nicht möglich ist, soll die Person statt mit Erwerbslohn mit einer Grundsicherung ihr Einkommen verdienen.
Dieser Lohn oder die Grundsicherung finanzieren sich durch Lohnkostenzuschüsse und durch Wegfall bestehender Leistungen wie Familienbeihilfe oder Mindestsicherung.
Angehörige von Menschen mit Behinderungen haben keine lebenslange Unterhaltsverpflichtung mehr.
Der Arbeitsmarkt wird so gestaltet, dass die beschäftigten Menschen je nach den momentanen Fähigkeiten jederzeit wechseln können zwischen einem Arbeitsplatz am freien Arbeitsmarkt, einer Mitarbeit bei einer Arbeitskräfteüberlassung, einem Arbeitsplatz in einem geschützten Betrieb oder in einer geschützten Tagesstruktur.

Säule 2: Bedarfssicherung

 

„Welche Unterstützung brauche ich?“

Aufgrund meiner Beeinträchtigungen brauche ich zusätzlich Unterstützung, damit ich am Leben in der Gesellschaft gleichberechtigt und aktiv teilnehmen kann.
Zum Beispiel
für Assistenz und Begleitung, für Hilfsmittel oder für Pflegeleistungen.
D
as Geld dafür kann aus dem Pflegegeld, von einem Persönlichen Budget oder aus Förderungen für Leistungen und Hilfsmittel kommen.
Das ist die zweite Säule des Modells. Sie nennt sich „Bedarfssicherung“.

Damit der Unterstützungsbedarf genau passend abgedeckt werden kann, muss die Person mit Behinderung vom Anfang bis Ende im Zentrum stehen.
Die Begutachtung und Einschätzung des Unterstützungsbedarfs muss einheitlich erfolgen an nur einer einzigen Anlaufstelle, nahe am Wohnort.
Die Begutachtung richtet sich nach dem Bedarf und nach den Chancen der Person, also nach dem sogenannten „sozialen Modell der Behinderung“.
Im sozialen Modell werden Hindernisse beseitigt.
Die Stärken und der Wille der Person werden in den Vordergrund gestellt.
Das Ergebnis der Begutachtung ist ein persönlich passender Unterstützungsbedarf mit Rechtsanspruch auf ausreichende Bezahlung.

Vorteile des Modells

  • Erwachsene Menschen mit Behinderungen sind keine Hilfeempfänger mit „Kind-Status“ mehr.
  • Sie verdienen ihr eigenes Geld und haben Anspruch auf eine eigene Pension.
  • Sie können frei über ihr Geld entscheiden und ein selbstbestimmteres Leben führen.
  • Der Unterstützungsbedarf wird einheitlich an nur einer Stelle ermittelt.
  • Die Menschen mit Behinderungen kommen leichter zu den Unterstützungsleistungen, die sie wirklich brauchen,
  • und die Verwaltung hat weniger Arbeit.

Weitere Vorgangweise

Die Lebenshilfe hat mit Hilfe von Rechts-ExpertInnen ein umfangreiches Dokument, eine Studie, erstellt, in dem genau erklärt wird, was man mit dem 2-Säulen-Modell erreichen will, und welche Gesetze davon betroffen sind. Dieses Dokument wurde dem Sozialministerium übergeben. Es wird eine Arbeitsgruppe vom Ministerium eingerichtet, die einen Umsetzungsplan für das 2-Säulen-Modell erarbeiten soll.
Menschen mit intellektuellen Behinderungen und die Lebenshilfe werden dabei aktiv eingebunden sein und mitarbeiten.

 

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