NEU: Erwachsenenschutzgesetz

Nach über drei Jahren intensiver Arbeit unter Einbeziehung breiter Interessengruppen ist es nun soweit: das neue Erwachsenenschutzgesetz wurde Ende März im Nationalrat beschlossen. Es wird ab 1. Juli 2018 in Kraft treten und das bisherige Sachwalterrecht aus dem Jahr 2006 in vielen wesentlichen Punkten verändern.

Mehr Selbstbestimmung als Leitmotiv

Im Vordergrund steht die Förderung der Selbstbestimmung von Menschen, die mehr oder weniger Unterstützung bei der Erledigung ihrer Angelegenheiten benötigen.

Die neuen gesetzlichen Regelungen stellen grundsätzlich und für konkrete rechtliche Handlungen sicher, dass die eigenständige Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit von Menschen möglichst erhalten bleibt, auch für Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf, die eine/n Vertreter/in haben.

Bekannte und neue Vertretungsformen

Die bekannten Vertretungsformen wird es weiterhin geben, allerdings mit neuen Namen:

  • Aus „Sachwalter/innen“ werden „Gerichtliche Erwachsenenvertreter/innen“: diese werden im Vertretungsumfang deutlich eingeschränkt (nicht mehr für „alle Angelegenheiten“, nicht mehr unbefristet, sondern spätestens nach drei Jahren Ende oder Erneuerung).
  • Aus „Vertretungsbefugten nächsten Angehörigen“ werden „Gesetzliche Erwachsenenvertreter/innen“: diese Vertretungsform wird wesentlich aufgewertet: Die Befugnisse reichen von medizinischen Behandlungen über finanzielle und rechtliche Angelegenheiten bis zu Änderungen des Wohnorts und Abschluss von Heimverträgen. Nun können auch Geschwister Vertreter/innen werden!
  • NEU sind die „Gewählten Erwachsenenvertreter/innen“: sofern ein Mensch seine Angelegenheiten nicht (mehr) selbst besorgen kann, aber die Bedeutung und die Folgen einer Bevollmächtigung in Grundzügen verstehen kann, kann er mit einem Menschen seiner Wahl eine individuelle Vertretungsvereinbarung abschließen.
  • Wie bisher besteht schließlich die Möglichkeit zur „Vorsorgevollmacht“.

Wichtig: Alle heute bestehenden Sachwalterschaften enden spätestens Anfang 2024 und alle Vertretungsbefugnisse spätestens Mitte 2021. Sie müssen vom Gericht überprüft und gegebenenfalls erneuert werden!

Erwachsenenschutzvereine als Drehscheibe der Rechtsfürsorge

Sachwaltervereine wie z.B. das Vertretungsnetz heißen in Zukunft „Erwachsenenschutzvereine“. Sie werden eine wichtige Rolle bei der Umsetzung des Gesetzes erhalten: neben Beratung und amtlichen Eintragungen vor allem bei der Abklärung („Clearing“), welches Ausmaß an rechtlicher Unterstützung der einzelne Mensch überhaupt braucht bzw. zur Verfügung hat: von Unterstützung im eigenen Familien-, Freundes- und Nachbarschaftskreis über die verschiedenen Vertretungslösungen bis zur gerichtlichen Erwachsenenvertretung mit Genehmigungsvorbehalt.

Wie geht es weiter

Das neue Gesetz enthält zahlreiche Detailbestimmungen, die im Wortlaut auf der Homepage des Parlaments nachgelesen werden können: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/I/I_01461/index.shtml#tab-Uebersicht.

Die Experten der Lebenshilfe prüfen derzeit, welche Bestimmungen und Fragen gerade für Menschen mit leichter bis schwerer intellektueller Beeinträchtigung und deren Familien wichtig sind und welche Auswirkungen diese auf den Alltag haben werden. Sobald dieser Prozess abgeschlossen ist, plant die Lebenshilfe Wien eine Informationsveranstaltung auszurichten, zu der wir alle Interessierten rechtzeitig einladen möchten.

Ihr Kontakt bei weiteren Fragen:

Mag. Bernhard Schmid
Generalsekretär
Lebenshilfe Wien
Tel: 01-8122635-47
E-Mail: b.schmid@lebenshilfe.wien

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